Soll ich mich belohnen?
Wenn unsere Eltern uns früher dazu bringen wollten etwas zu tun, auf das wir eigentlich keine Lust hatten - wie beispielsweise unser Zimmer aufräumen - haben sie möglicherweise versucht, uns mit Belohnungen zu motivieren. Wenn wir selbst uns dazu bringen wollen, uns mit Aufgaben zu beschäftigen, die wir eigentlich nicht machen wollen, kann das auch funktionieren. Der Mensch ist grundsätzlich in der Lage, auf etwas Angenehmes zu verzichten, wenn die Aussicht besteht, dass dieser Verzicht in einer späteren Belohnung resultiert. Wenn wir uns regelmäßig für eine bestimmte Aufgabe - nehmen wir die nervige Dokumentation von Arbeitsschritten oder das ungeliebte Abheften von Papieren - belohnen, motiviert das unser Gehirn, diese Tätigkeit häufiger durchzuführen. Das ist das Prinzip des Lernens durch Verstärkung eines Verhaltens.
Womit belohnst du dich?
Aber was eignet sich eigentlich als Belohnung? Ich persönlich tue mich schwer damit, sinnvolle Belohnungen für mich zu finden. Ich mag Schokolade. Aber wenn schon Belohnung, dann sollte es doch bitte etwas Gesundes sein. Und außerdem esse ich die Schokolade so oder so. Mein Gehirn weiß also, dass es sich dafür nicht anstrengen muss. Und das untergräbt leider die verstärkende Wirkung.
Wie wäre es dann mit Pausen als Belohnung? Pausen sind ja auch schön. Aber als Belohnung? So geht es ja nun auch nicht. Pausen sind essentiell, um leistungsfähig und letztlich gesund zu bleiben. Und was wir für unsere Gesundheit brauchen, sollten wir uns nicht vorenthalten bis wir meinen, es uns verdient zu haben.
Per aspera ad astra - auf rauhen Wegen zu den Sternen
Was, wenn die Belohnung darin besteht, ein wichtiges Ziel zu erreichen? Wie oben beschrieben, sind wir in der Lage, auf kurzfristige Annehmlichkeiten zu verzichten, wenn dafür später eine für uns bedeutsamere Belohnung winkt. Das kann zum Beispiel ein Ziel sein, das wir uns gesetzt haben und das uns wichtig ist. Während ich meine Masterarbeit geschrieben habe, konnte ich beispielsweise meine Morgenmuffeligkeit überwinden und fünf Uhr morgens aufstehen, weil es wichtig für mich war, mein Studium irgendwann abzuschließen. Die erste Tasse Kaffee des Tages war dabei nur zusätzliche kurzfristige Belohnung.
Wenn ihr also auf eurer ToDo-Liste Aufgaben findet, auf die ihr so gar keine Lust habt, überlegt euch, ob sie einem für euch wichtigem Ziel dienen oder nicht. Wenn ja, führt euch dieses Ziel vor Augen, um euch zu motivieren, diesen nächsten Schritt anzugehen. Wenn nicht, solltet ihr ernsthaft darüber nachdenken, ob dieses ToDo wirklich etwas auf eurer Liste zu suchen hat.
Oder ist der Weg das Ziel?
Es gibt Aufgaben, für die wir keine Belohnung brauchen. Wenn die Tätigkeit an sich belohnend für uns ist, dann sprechen wir von intrinsischer Motivation. Für solche Aufgaben ist es besser, uns nicht noch zusätzlich zu belohnen: Studien haben gezeigt, dass externe Belohnungen für Dinge, die wir gern tun, uns die Lust an ihnen verderben können.
Vielleicht aber lassen sich diese angenehmen Aufgaben selbst als Belohnung nutzen. Wie wäre es, wenn ihr euch für 25 Minuten Arbeit an etwas Ungeliebtem damit belohnt, die nächsten 50 Minuten - nach einer kurzen Bewegungspause selbstverständlich - etwas zu Erledigen, das ihr gerne tut? Oder mit anderen Worten: Iss den Frosch zuerst.*
So zielgerichtet muss es aber gar nicht sein. Ihr könntet euch auch einfach “Monkey Time” erlauben, also Zeit, in der ihr Dinge ausprobiert, von denen ihr vielleicht noch gar nicht wisst, wofür ihr sie einmal einsetzen wollt. Das könnte zum Beispiel das Herumspielen mit einem neuen Tool sein, das Abläufe in eurem Team besser darstellen könnte oder eben auch nicht. Es will erst ausprobiert werden und wichtig ist, dass ihr Spaß daran habt.
Sie hat den Frosch nie geküsst
Ihr könnt auch rebellisch sein und es andersherum probieren: Ihr widmet euch erst dem Angenehmen, um warm zu werden, und macht euch dann an die ungeliebte Aufgabe. Probiert einfach aus, was euch besser hilft, eurem Ziel näherzukommen.
Ihr habt gar kein Ziel, das euch wirklich viel bedeutet? Dann empfehle ich erst recht Monkey Time. Erlaubt euch die Freiheit, öfter eurer Leidenschaft zu folgen und zu beobachten, wohin sie euch trägt. Lasst die Frösche für eine Weile links liegen.
Die Prinzessin aus dem Märchen hat ihren Frosch übrigens auch nicht gegessen. Auch nicht geküsst. Sie hat ihn an die Wand geworfen.
*Mehr über das Arbeiten in 25 und 50 Minutenblöcken, auch bekannt als Pomodoro-Technik, könnt ihr im meinem Artikel Zeit Aufteilen nachlesen. Zur Iss-den-Frosch-zuerst Methode gibt es zum Beispiel hier weitere Informationen.