Die Kunst des Feedbacks: Wege zu einer effektiven Kommunikationskultur
Feedback ist ein unverzichtbares Instrument für Weiterentwicklung, sowohl für uns persönlich als auch innerhalb von Organisationen. Ob wir Orientierung für unser eigenes Verhalten suchen, andere in ihrer Entwicklung unterstützen wollen oder Anerkennung ausdrücken möchten - Feedback spielt eine zentrale Rolle. Trotzdem tun sich viele von uns schwer damit, Feedback zu geben und zu empfangen. Denn auch wenn wir uns Verbesserungsvorschläge wünschen, empfinden wir sie allzu häufig als Kritik und können dann nicht gut damit umgehen. Wie also können wir eine wirkungsvolle Feedbackkultur etablieren, besonders in Zeiten zunehmender virtueller Zusammenarbeit?
Warum institutionalisiertes Feedback oft schwierig ist
Viele Unternehmen haben erkannt, dass eine gute Feedbackkultur essenziell für Innovation und organisationales Lernen ist. Teams, die besser lernen, sind kreativer und erfolgreicher. Mitarbeitende benötigen Rückmeldungen, um sich im Einklang mit den Unternehmenszielen weiterzuentwickeln. Aus diesem Grund wurden in vielen Organisationen regelmäßige Feedbackgespräche eingeführt – einmal im Jahr, halbjährlich oder quartalsweise. Sind diese jedoch die einzigen Gelegenheiten über Leistungen zu sprechen, fühlt sich der Prozess oft steif und unangenehm für beide Seiten an.
Virtuelle Teams stehen vor zusätzlichen Herausforderungen. Informelle Gelegenheiten für Feedback – wie der Austausch beim Mittagessen oder ein kurzer Plausch im Büro – fallen weg. Noch schwieriger wird es, wenn man mit Kolleg:innen aus anderen Bereichen oder Organisationen zusammenarbeitet, für die keine formellen Feedbackgespräche vorgesehen sind. Dann liegt es am Projektteam und vor allem dessen Leitung, Räume für Austausch und Reflexion zu schaffen.
Auf der anderen Seite rückt virtuelle Zusammenarbeit die Möglichkeiten digitaler Tools ins Blickfeld. Durch sie eröffnen sich interessante Möglichkeiten, unkompliziert Feedback einzuholen. Sie können helfen, den Dialog zu fördern und auch in virtuellen Teams eine offene Kommunikationskultur zu etablieren.
Drei Szenarien für effektives Feedback
Machen wir es greifbar und schauen uns einmal drei Feedback-Szenarien an, die im Arbeitsalltag vorkommen.
Szenario I: Als Teamleiter:in willst du herausfinden, wie dein Team die Arbeitsbedingungen empfindet, was gut läuft und was nicht und wie zufrieden die Teammitglieder sind.
Intensiv und mit Chance, Beziehungen im Team zu stärken: Die Retrospektive
Die Retrospektive ist eine meiner liebsten Formate. Bekannt aus dem agilen Rahmenwerk Scrum, eignet sich die Retro hervorragend, um Rückmeldungen aus dem Team zur allgemeinen Zusammenarbeit oder zu speziellen Problemfeldern zu sammeln und gemeinsam nach Ursachen und Lösungswegen zu suchen. Mit Hilfe digitaler Whiteboards lassen sich Retrospektiven wunderbar auch remote durchführen. Mehr über Retrospektiven könnt ihr hier nachlesen: Retros für Teams Retros für Teams
Anonym und nutzerfreundlich: Die Umfrage
Umfragen sind eine weitere Möglichkeit, Feedback einzusammeln. Die Bandbreite geeigneter digitaler Tools ist groß, von einfachen Formularen wie Tally oder Google Docs bis hin zu speziellen Survey Tools wie Menti oder Slido, die auch live Umfragen ermöglichen. Entscheide dich für eins, das für deinen Zweck passt, für die Nutzer einfach zu handhaben und konform mit den Datenschutzregeln deiner Organisation ist.
All diese Tools bieten dir die Möglichkeit anonymer Rückmeldungen – ein Vorteil, wenn du ehrliche und direkte Antworten erhalten möchtest. Wichtig ist jedoch eine sorgfältige Planung: Überlege dir genau, welche Fragen du stellen möchtest und teste sie vorab in kleinem Rahmen. So reduzierst du das Risiko, dass die Intentionen deiner Fragen missverstanden werden und du Antworten auf Fragen bekommst, die du gar nicht stellen wolltest. Sei darauf vorbereitet, dass du möglicherweise sehr direkte Kritik erhältst. Plane deshalb etwas Pufferzeit nach dem Lesen ein, um die Antworten sacken zu lassen.
Wenn du basierend auf dem Feedback Veränderungen vornimmst, solltest du das dem Team kommunizieren. Es zeigt ihm, dass ihr Feedback wertvoll ist und motiviert, auch in Zukunft offen mit dir zu sprechen.
Szenario II: Du möchtest Feedback zu einem bestimmten Aspekt deiner Arbeit bekommen.
Wenn du wissen möchtest, wie deine Arbeit wahrgenommen wird – sei es deine Führungstätigkeit oder dein Beitrag in einem Projekt –, kannst du einfach danach fragen. Mache dir auch hier zunächst einmal klar, was genau du erfahren willst und formuliere deine Fragen entsprechend konkret: Statt „Wie findest du meine Arbeit?“, frag nach dem Aspekt, über den du wirklich etwas wissen willst. Du kannst auch fragen, was du beim nächsten Mal genauso machen solltest und was du ändern könntest.
Erinnere dich daran: Feedback ist ein Geschenk. Doch selbst wenn wir bewusst nach Feedback fragen, kann es vorkommen, dass uns die Antworten nicht gefallen oder wir das Gefühl haben, uns rechtfertigen zu müssen. Tu das nicht. Hör dir an, was dein Gegenüber dir sagt und stelle Rückfragen, um sicherzugehen, dass du das Feedback richtig verstanden hast. Akzeptiere die Wahrnehmung deines Gegenübers als seine subjektive Erfahrung – selbst wenn sie nicht deiner eigenen entspricht.
Szenario III: Du möchtest einer Person Feedback zu einer bestimmten Situation geben.
Wenn du selbst Feedback zu einer bestimmten Situation gibst, dann tu das zeitnah und unter vier Augen - beziehungsweise unter vier Ohren, denn im Remote Setting ist möglicherweise das Telefon der Kanal deiner Wahl.
Vergiss das Sandwich
Das Feedback Sandwich (mitunter auch Feedback Burger genannt), ist den meisten ein Begriff: Packe eine Scheibe Kritik zwischen zwei Scheiben Lob. Genau dafür steht das Sandwich zunehmend selbst in der Kritik: Es entwerte das Lob als bloßes Verpackungsmaterial für negatives Feedback. Vielleicht hast du schon einmal ein Feedback Sandwich erhalten, dann kannst du dich selbst fragen wie es dir geschmeckt hat.
Eine mögliche Alternative zum Sandwich ist der WWW-Ansatz: Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch. Beginne mit deiner eigenen Wahrnehmung der Situation. Beschreibe dann, welche Wirkung das Beobachtete auf dich hatte. Schließe mit einem konkreten Wunsch für zukünftiges Verhalten. Indem du dein Feedback als deine subjektive Erfahrung formulierst, gibst du deinem Gegenüber die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie es damit umgehen möchte.
Feedback üben
Gibt es einen Bereich in dem du schon lange wissen wolltest, wie andere dich einschätzen? Oder gibt es jemandem in deinem Umfeld, dem dein Feedback weiterhelfen könnte? Dann probier es einmal aus: Bitte in der nächsten Woche jemanden um Feedback oder gib selbst jemanden eine Rückmeldung.
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EL Education Austin's Butterfly: Models, Critique, and Descriptive Feedback - ein ganz wundervolles Beispiel, wie Feedback Kindern hilft, Aufgaben wahrhaftig zu meistern.
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